Projektleitung: Christian Hirt, Roy Franke und Xavier Molina
Institution: EB Zürich
Kontakt: christian.hirt@eb-zuerich.ch

Die VR/AR Technologien (Virtual Reality, Augmented Reality) haben sich in der Gamewelt bestens etabliert. Endverbrauchergeräte wie Smartphones oder VR-Brillen sind für viele erschwinglich und die grossen Tech-Giganten sind mit Standardlösungen auf den Massenmarkt (Meta mit Oculus, Horizon Home und Horizon Workspace, nVida mit Omniverse oder Microsoft mit Teams Mesh. Apple verbaut in ihren neuen Geräten Lidarscanner, die die 3D-Erfassung von Räumen und Objekten wesentlich vereinfachen. Eine grosse Palette an Apps und Webservices hilft bei der Weiterverarbeitung der Daten für die Integration in die VR/AR Welten.

Mit dem vorliegenden Projekt sollen erste Erfahrungen gesammelt werden, wie man diese virtuellen Welten, VR/AR-Schnittstellen, KI-Technologien und das Konzept der Avatare im Sinne eines Multiverse als 4. Bildungsort erfolgreich nutzen kann.

Multiverse – der vierte Lernort

Produkt
 
Christian Hirt hat am 10.04.2024 einen Impulsworkshop zu seinem Innovationsfondsprojekt "Multiverse - der vierte Lernort" gehalten. Die dort geschilderten Erkenntnisse aus dem Projekt wurden hier als "Essenz" (PDF, 150KB) von Anita Schuler zusammengefasst.

Beschreibung

Beschreibung

Die Grundidee ist, dass Lernende von ihren Lernorten (ÜK-ODA, Berufsschule, Lehrbetrieb, Privater Lernort) eine digitale Kopie erstellen. Die Lehrpersonen, Berufsbildnerinnen und Berufsbildner, Kursleiter:innen der ÜK und Lernende können diese virtuellen Lernräume gemeinsam für Bildungszwecke nutzen. Das umfasst Lernmaterialien, 3D-Objekte, Lernaufgaben, Kooperations- und Kommunikationsaufgaben und eine 3D-Lerndokumentation. Die Lernenden sollen in der Lage sein ihre Räume selbständig und kooperativ zu alimentieren.

Das Projekt läuft über verschiedene Arbeitsschritte. Am Anfang steht die Recherche und der Austausch mit dem EHB, der ZHAW, den PHs, anderen Berufsschulen und Betrieben, die in diesem Bereich bereits Projekte initiiert haben. Zeitnah werden verschiedene VR-Lösungen im Hinblick auf das Szenario des 4. Lernorts evaluiert und erste UseCases für die optimale Nutzung der Technologien entworfen. Mit diesen werden Partnerschaften gesucht bei Berufsschulen und Lehrbetrieben. Im Mittelpunkt steht dabei das Angebot der EB Zürich: EB Connect. Mit der Aus- und Weiterbildung von Profis in der Berufs- und Erwachsenenbildung verfügen sie über viele Kontakte zu Lehrbetrieben und Berufsverbänden. Einzelne Erkenntnisse des Projekts fliessen direkt in den Unterricht der betrieblichen Ausbildung ein. Die mit den Partnern weiterentwickelten UseCases werden anschliessend umgesetzt und 1:1 an den verschiedenen Lernorten getestet. Mit einer anschliessenden Auswertung und Reflexion wird das Projekt abgeschlossen. Interessierte können die Szenarien übernehmen und im Hinblick auf ihr Berufsfeld anpassen und weiterentwickeln. 

Innovationspotential

VR/AR Technologien

Viele verorten den Ursprung der virtuellen Welten im Internet bei Secondlife 1999. In Erinnerung sind Pixelgrafiken und kompliziert zu konstruierende 3D-Welten. Heute präsentiert sich die Situation komplett anders. Mit Minecraft, Pokémon GO, IKEA AR App, Fortnite oder decentraland.com bewegen sich Jugendliche in VR/AR Welten mit ihren Standardgeräten. Gar nicht oder nur wenig genutzt werden VR/AR-Tools für das Lehren und Lernen.

Anstelle eines Bildes oder Films ermöglichen diverse Apps die Erstellung eines 3D-Objektes, das man idealerweise in seinen persönlichen 3D-Lernraum stellt und didaktisch weiterverarbeitet. Das können Gegenstände des betrieblichen Alltags, Werkzeuge oder aber auch Maschinen sein. Die Abbildungen sind so wesentlich näher bei den Objekten der realen Welt und bieten im Hinblick auf die Veranschaulichung mehr Anreize.

Kooperation und Kommunikation als Weiterentwicklung der Videokonferenzen

Ein weiteres Innovationspotenzial liegt in der Nutzung der virtuellen Welten als Kommunikations- und Kooperationsportal. Horizon Workspace von Meta oder Spatial bieten komplett eingerichtete Konferenzräume. Der Zugriff ist nicht nur mit VR-Brille möglich, sondern auch über andere Geräte, Apps auf Smartphones, Webbrowser etc. Durch die Alimentierung mit Präsentationswänden (PDFs, Links, Videobeiträge, Grafiken, Fotos, 3D-Objekten) sind die Konferenzen wesentlich attraktiver. Weitere Kooperationstools wie Miroboard, Google Drive oder Slack lassen sich ebenfalls integrieren.

Gamification

Ein weiteres Potenzial liegt in der Gamification der Lernwelt. Viele Jugendliche sind über Computerspiele digital sozialisiert. Sie sind es gewohnt, sich in 3D-Räumen zu bewegen und sich in Clans kooperativ einer Herausforderung zu stellen. Die Deutsche Bahn hat zur Steigerung der Attraktivität der Gleisbauer-Grundausbildung Escape-Room-Lernspiele entworfen. Sie konnte damit die Abbruchquote der Lernenden massgeblich reduzieren. Lernwelten sind für Jugendliche attraktiv, besonders für die, die im Umgang mit Text (Lesen und Schreiben) nicht so versiert sind. Grosses Potenzial besteht daher sicher bei den EBA-Ausbildungen und der Integrationsvorlehre.

Verbindung der Lernorte

Ausbildungsverantwortliche könnten als Avatar problemlos vom virtuellen Schulraum in den Ausbildungsraum der ODA oder des Betriebs wechseln. Ein grundlegendes theoretisches Problem könnte die Berufsschullehrperson auch an einem virtuellen Werkstück im digitalen Raum des Betriebes erörtern. Die drei Lernorte rücken im virtuellen Raum zusammen.

 

Didaktisch-methodisches Konzept

Je nach Berufsgruppe werden die Lernenden in ihrem betrieblichen Alltag mit 3D Objekten konfrontiert werden. Z.B. digitaler Clone eines Zuges (Stadler Rail, Deutsche Bahn) oder Building Information Modeling bei Berufen der Baubranche. Das Verständnis, wie das alles aufgebaut ist, soll durch Nutzung von Standard VR/AR-Apps und Webservices durch die Lernenden geweckt werden. Mit dem 3D-Scan ihres Arbeitsplatzes im Betrieb, Schulzimmers oder Kursraums wird in der virtuellen Welt ein Ort geschaffen, der ihnen vertraut ist (z.B. Scan mit MatterPort). Dieser wird dann weiterentwickelt und im Verlauf der Bildung ausgebaut.

Durch das eigenaktive Gestalten ihres virtuellen Lernraums lernen die Lernenden die grundlegenden technologischen Fertigkeiten, die es für die Nutzung von VR/AR-Welten braucht. Sie sammeln mit 3D-Objekten und virtuellen Räumen Erfahrungen, die wesentlich näher an der Lebenswelt sind und weit über das hinausgehen, was ein Lehrbuch vermitteln kann. Mit der Nutzung der 3D-Räume für Kooperations- und Kommunikationsaufgaben erwerben sie sich die entsprechenden Kompetenzen für die Online-Kommunikation.

Das Gleiche gilt für die Berufsbildenden, Lehrpersonen und Kursleitenden der ÜKs. Ausgangsbasis sind die verschiedenen im Vorfeld definierten UseCases. Ein 3D-Raum bietet eine grosse Vielfalt für die Bereitstellung von Lernmaterialien, Lernaufgaben, Lerndokumentation und die Präsentation von Lernprodukten. Durch das Lehren und Lernen im virtuellen Raum sammeln die Bildungsfachleute erste Erfahrungen. In einer gemeinsamen Auswertung mit den Lernenden werden die UseCases optimiert, verworfen und neue entwickelt. Anschliessend ist eine Aktivität als Multiplikatorin oder Multiplikator im Betrieb, ÜK oder in der Berufsschule möglich.

VR2

Bild: Das Schulungssetting an der EB Zürich zeichnet sich aus durch eine hohe Eigenaktivität. Sicherheit durch physische Barrieren. Lerntandems zur gegenseitigen Unterstützung. Der Inhalt der Brille wird auf einem externen Monitor für alle sichtbar angezeigt. 

Wirkung

VR/AR entwickelt sich zu einem Mainstream-Produkt. Es hat die Exklusivität und technische Komplexität hinter sich gelassen. Von daher gesehen ist jetzt der ideale Zeitpunkt sich damit zu befassen. Hauptnutzen ist der Aufbau von Handlungskompetenz der involvierten Personen im Projekt in der Gestaltung eines Multiverse, das sich über die drei Lernorte für Berufsbildungszwecke nutzen lässt. Weiter geht es um den Erwerb von Handlungskompetenz, wie man Lehrende und Lernende in diese Idee einführt und wie sie sie gewinnbringend für das Lernen nutzen können.

Durch die Sammlung von ersten Erfahrungen mit verschiedenen Anbietern und einer verlässliche Einschätzung, welche Produkte sich für die skizzierten Szenarien eignen, könnte der Weg für weitere Entwicklungen geebnet werden. Die Erfahrungen lassen sich konkret im Coaching, in der Aus- und Weiterbildung von Berufsbildnerinnen und Berufsbildner an der EB Zürich umsetzen. Durch den Betrieb des Digital Learning Hubs durch die EB und die KME besteht ein enger Kontakt zu Lehrpersonen, die im Unterricht ebenfalls mit VR-Technologien erste Bildungserfahrungen sammeln. Bereits im Vorfeld der Projekteingabe haben sich vier Schulen bezüglich Einsatz der VR/AR-Technologien bezüglich ihrer Ideen und Erfahrungen ausgetauscht (ABZ, BBW, BZLT und EB-Zürich). Eine Weiterentwicklung dieser Gruppe zu einer offenen Community of Practice wäre denkbar. Im Hinblick auf eine mittelfristige Entwicklung wäre auch die Beschaffung von speziellen Geräten 3D-Scanner, Anzüge mit Sensoren, spezielle VR-Brillen, Software-Tools für die Bearbeitung von 3D-Objekten etc. möglich. Diese Spezialgeräte liessen sich im Rahmen eines Makerspace auch durch andere Schulen nutzen.

SAMR-Modell

Erläuterung zum SAMR-Modell.

Im SAMR-Modell lässt sich das vorliegende Projekt im Bereich "Redefinition" einteilen, weil es das Erzeugen neuartiger Aufgaben ermöglicht, welche zuvor unvorstellbar waren.

 

Und sonst?

Zugang zu den virtuellen Räumen: www.spatial-computing-lab.ch

Zugang zum Angebotsbereich bei der EB: www.eb-zuerich.ch/spatial-computing-lab

 

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