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Digitale Medien und psychische Gesundheit

Ein kurzer Blick in die aktuelle Forschung

Müde, erschöpft, unter Druck: Viele Jugendliche kämpfen mit ihrer psychischen Gesundheit. Smartphones und soziale Netzwerke stehen unter Verdacht - zurecht? Eine kurze Übersicht.

 

 

Seit Beginn des Jahrtausends verschlechtert sich die psychische Gesundheit vieler Jugendlicher und junger Erwachsener in zahlreichen Ländern (McGorry, 2024). Besonders betroffen sind Mädchen, die vermehrt unter Depression und Angstzuständen leiden. Gemäss der Pro Juventute Jugendstudie fühlen sich 30 % der Schweizer Jugendlichen häufig müde und erschöpft; 12 % sind aktuell in psychotherapeutischer Behandlung (Pro Juventute, 2024). 

Parallel dazu verbreiteten sich Smartphones und soziale Netzwerke rasant. Laut der aktuellen James-Studie der ZHAW verbringen 90 % der 12- bis 19-Jährigen täglich oder mehrmals wöchentlich Zeit in sozialen Netzwerken – insgesamt etwa vier Stunden täglich am Smartphone (Külling-Knecht, 2024). Der Verdacht, dass diese Technologien für die psychischen Probleme der sogenannten «Generation Sadness» verantwortlich sein könnten, liegt nahe und wurde durch Dokumentationen wie «The Social Dilemma» (2020) und durch Jonathan Haidts kontrovers diskutierte Buch «Generation Angst» (2024) verstärkt.

Die Forschungslage ist jedoch komplex: Studien finden sowohl positive als auch negative Effekte auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit, Meta-Analysen zeigen im Durchschnitt nur geringe negative Auswirkungen (Pearson, 2025): Ine Beyens (2021) zeigt beispielsweise, dass Jugendliche sich nach Social-Media-Nutzung 28 % schlechter, 26 % besser und 45 % unverändert fühlen. Im Durchschnitt scheint das Wohlbefinden also kaum verändert. Doch mehren sich die Hinweise, dass Smartphones und soziale Medien als Verstärker bestehender Tendenzen wirken. Besonders gefährdet sind Jugendliche, die bereits psychisch belastet und sozial benachteiligt sind (Pearson, 2025). Für andere Jugendliche bieten diese Medien jedoch Möglichkeiten zur Information, Unterstützung und Zugehörigkeit in Peer-Groups.

Bleibt die Frage, was denn die Ursache für die Leiden der jungen Menschen sind. Laut Pro Juventute ist sozialer Medien-Stress lediglich für 15 % der Schweizer Jugendlichen ein grösseres Problem. Wirklich belastend sind für Jugendliche Prüfungsstress, Leistungsdruck, finanzielle Sorgen und Zukunftsängste (Pro Juventute, 2024) – Bereiche, in denen wir Lehrpersonen mehr für das psychische Wohl unserer Lernenden bewirken können als bei der Smartphone-Nutzung.

Dennoch kommt uns eine wichtige Rolle in der Medienkompetenzförderung zu – auch wenn kognitive Strategien alleine nicht ausreichen. Lehrpersonen und Eltern sollten Vorbilder sein, für genügend Schlaf, Bewegung und soziale Kontakte sorgen, jungen Menschen Raum für persönliche Entfaltung und Selbstwirksamkeit bieten und zugleich als Bezugspersonen zur Verfügung stehen (vgl. Essenz IWS, 2025). Denn emotional starke Jugendliche scheinen kognitive Strategien auch besser umsetzen zu können.

 

Was meint ihr? Diskutiert mit im Teamskanal DLH Community | 08 Medienkompetenz - Gesundheit - Sport | Microsoft Teams

  1. Können wir die Nutzung von Smartphones im Schulalltag konstruktiv einbinden – oder sollten wir sie stärker begrenzen?
  1. Was können wir Lehrpersonen im Umgang mit sozialen Medien von unseren Lernenden lernen?
  1. Welche konkreten Strategien habt ihr bereits entwickelt, um Lernende emotional zu stärken?

 

 

Ressourcen
  1. Beyens, I. & Pouwels, J. L. & Driel, I. & Keijsers, L. & Valkenburg, P. (2024). Social Media Use and Adolescents’ Well-Being: Developing a Typology of Person-Specific Effect Patterns. Communication Research. 51. 691-716.

  2. DLH (2025). Essenz zum Impulsworkshop «Wie geht gesunder Umgang mit Medien?» vom 7. Mai 2025. Essenz Wie geht gesunder Umgang mit Medien? (Mai 2025)

  3. Haidt, J. (2024). Generation Angst, Rowohlt Verlag.

  4. McGorry, P. D. et al. (2024). The Lancet Psychiatry Commission on youth mental health. Lancet Psychiatry 11, 731-774.

  5. Pearson, H. (2025). Do smartphones and social media really harm teen’s mental health? Nature, Vol. 640, 26-28.

  6. Pro Juventute (2024). Pro Juventute Jugendstudie: Umgang mit Stress, Krisen, Mediennutzung und Resilienz bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Schweiz».

  7. SVA Zürich (2025). IV-Neurenten für Junge steigen überdurchschnittlich. URL: https://svazurich.ch/aktuell/aktuell/news/medienmitteilung/iv-neurenten-fuer-junge-steigen-ueberdurchschnittlich.html.

  8. Külling-Knecht, C., Waller, G., Willemse, I., Deda-Bröchin, S., Suter, L., Streule, P., Settegrana, N., Jochim, M., Bernath, J., & Süss, D. (2024). JAMES – Jugend, Aktivitäten, Medien – Erhebung Schweiz. Zürich: Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.