Sommerlektüre «KI 2041 - zehn Zukunftsvisionen»
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KI in 20 Jahren – wie werden wir leben, lernen und arbeiten?
Sommerpause – Lesezeit. Wer sich während der Sommerferien mit KI beschäftigen möchte, aber zur Abwechslung eine leichte Lektüre dazu wünscht, dem sei «KI 2041 – zehn Zukunftsvisionen» empfohlen (Kai-Fu Lee, Quifan Chen, Campus Verlag, 2022). Das Buch stammt aus der Zeit vor der weltweiten Lancierung von ChatGPT. Deshalb scheint dem Redaktionsteam der Blick zurück und nach vorne besonders interessant. Welche Prognosen, die vor der Publikation von ChatGPT gestellt wurden, haben sich in der Bildung in den drei Jahren erfüllt? Was wird noch auf uns zukommen? Weil uns diese Fragen beschäftigen, haben wir dieses Buch – das dank Storytelling in einer bildhaften Sprache leicht und flüssig zu lesen ist – ausgesucht.
Die Autoren Kai-Fu Lee (ehemaliger Leiter von Google China) und Quifan Chen (arbeitete u.a. auch bei Google, bevor er 2017 der Tech-Industrie den Rücken kehrte) wagten noch vor der weltweiten Lancierung von ChatGPT Prognosen anhand von zehn Szenarien aufzustellen. Kai-Fu Lee beleuchtet sachlich das technisch vielschichtige Thema und Quifan Chen verpackt die Zukunftsvisionen in unterhaltsame und realitätsnahe Geschichten. Mit der pro Kapitel abschliessenden Analyse wird erkennbar, was tatsächlich möglich ist, was wir bereits so oder ähnlich in unserem Alltag wiederfinden und was nicht vorausgesagt werden kann.
Für Bildungsfachleute besonders interessant ist das Kapitel «Ungleiche Zwillinge», in dem zwei Brüder ihrer Persönlichkeit entsprechend sehr individuell von der künstlichen Intelligenz gefördert sowie von liebevollen Adoptiv-Eltern erzogen werden. Hier zeigt sich, wie individuell wir Menschen sind, wie ein Algorithmus darauf eingehen kann und Beispiele demonstrieren, wie vielfältig Algorithmen eingesetzt werden.
In der Analyse am Schluss dieser Geschichte geht Kai-Fu Lee darauf ein, wie Lehrpersonen mehr und mehr durch Automatisation entlastet werden – dank standardisierten Korrekturen und Feedbacks. Der Autor meint, KI könne Lernende motivieren, sich mehr anzustrengen. Wo jemand schwach sei, könne die künstliche Intelligenz bspw. individualisierte Übungen nach persönlichen Neigungen erstellen (bspw. Rechenübungen für Sportbegeisterte) oder sie könne gar auf Gefühle eingehen, weil der KI auffalle, was die Pupillen erweitern oder die Oberlider erschlaffen lasse. KI könne als künstliche Privatlehrperson oder als virtueller Schulkollege eingesetzt werden, was in China bereits heute mittels App und bald mit KI die Lernbereitschaft erhöhe.
Der Analytiker Kai-Fu Lee ist überzeugt, dass es für Lehrpersonen trotz all dem weiterhin viel zu tun gebe – nicht unbedingt als Wissensvermittler, sondern als Personen, die sich aufgrund ihrer Erfahrung und pädagogischen Wissens auf die Förderung der emotionalen Intelligenz, der Kreativität, des Charakters, der Werte und der Resilienz von Schüler:innen konzentrieren.
Kai-Fu Lee, Informatiker und taiwanesischer Geschäftsmann, entwickelte ein System zur sprachunabhängigen, kontinuierlichen Spracherkennung. Er hatte leitende Positionen u.a. bei Apple, Microsoft und Google inne, wo er seinen Co-Autor Quifan Chen kennenlernte. Er machte sich mit dem Buch “AI-Superpowers” (Harper Collins Publ. USA, 2019 erstmals auf Deutsch erschienen) einen Namen, weil seine Prognosen von 2018 zum grossen Teil eingetroffen sind.
Quifan Chen, ist ein preisgekrönter chinesischer Science-Fiction- und Drehbuch-Autor. Er arbeitete u.a. bei Google China, wo er Kai-Fu Lee kennenlernte. Sein erster Roman «The Waste Tide» (2013) ist für seine realistische Darstellung der Mensch-Maschine-Hybridität bekannt.