Projektleitung: Patricia Würscher und Sara Alloatti
Institution: Kantonsschule Uetikon am See
Kontakt: patricia.wuerscher@kuezh.ch; sara.alloatti@kuezh.ch

Open-Notebook-Maturaprüfungen entwickeln

Open-Notebook-Maturaprüfungen im Fremdsprachenunterricht

Beschreibung

Kompetenz- und Handlungsorientierung, transversale Kompetenzen, maschinelle Übersetzungstools und KI sind vier Schlagworte, die die Curriculumentwicklung im Fremdsprachenunterricht zunehmend beeinflussen, da sie eine neue Prioritätensetzung bei den Lernzielen mit sich bringen. Dies erfordert auch eine Anpassung der Maturaprüfung. Das Projekt “Matura der Zukunft” im Kanton Aargau hat in den letzten Jahren neue Prüfungssettings vorgeschlagen, konkrete Beispiele aus der Fremdsprachenpraxis fehlen aber noch.

Die KUE hat Neuland betreten. Für die Hausmatura im Schuljahr 2021/22 haben sich die Fremdsprachenlehrpersonen entschieden, neue Wege zu gehen und die Prüfungen zumindest teilweise im “Open-Notebook-Modus” durchzuführen. So wurde beispielsweise im Fach Französisch die Hälfte der schriftlichen Maturitätsprüfung von den Lernenden mit digitalen Hilfsmitteln durchgeführt. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass die Richtung stimmt, dass aber noch viel an den Aufgaben selbst, an den Kriterienrastern und an der Erprobung alternativer Prüfungssettings gefeilt werden muss. Dies ist das Ziel des vorliegenden Projekts. Auch soll geprüft werden, inwieweit es bei bestimmten Prüfungsformaten sinnvoll ist, a) den Zugriff auf bestimmte Tools einzuschränken (z.B. über Safe Exam Browser), b) Prozesse dokumentieren zu lassen und c) Redlichkeitserklärungen unterschreiben zu lassen. Der Bedarf an Austausch zu dieser Herausforderung ist gross und wird an der KUE bereits intensiv gepflegt. Nun gilt es, den Kreis zu erweitern, um weitere Mittelschulen in den Diskurs einzubeziehen und Prozesse und Ergebnisse zu dokumentieren. So ist es auch unser Ziel, eine Palette zeitgemässer, von mehreren Schulen als valide, objektiv und reliabel akzeptierter Aufgaben für Open-Notebook-Maturaprüfungen in den Fremdsprachen zusammenzustellen.

Die geplanten «Open-Notebook-Formate» stehen dabei im Einklang mit:

➢ dem Reglement für die Maturitätsprüfungen an den Gymnasien des Kantons Zürich:

o § 11. 1 Die Schülerinnen und Schüler haben die Prüfungsarbeiten selbständig auszuführen. Bei den schriftlichen Prüfungen werden sie von einer Lehrperson beaufsichtigt. 2 Die erlaubten Hilfsmittel werden von den prüfenden Lehrpersonen im Einvernehmen mit der Schulleitung festgelegt. Die Expertinnen und Experten werden darüber sowie über notwendige Erklärungen, die vor Beginn der Arbeit gegeben wurden, informiert.

➢ dem BYOD-Konzept des Kantons: nicht mehr realisierbar sind Prüfungen mit Schulgeräten (ausser in Einzelfällen) weil diese in Folge des BYOD-Konzepts zum grössten Teil abgeschafft wurden.

➢ der Wegleitung zur Notengebung der Kantonsschule Uetikon am See, S. 3:

o Open Book-Prüfungen werden mit zunehmender Reife der Schülerinnen und Schüler selbstverständlich. Dazu gehört auch der Einbezug des Internets; dieser muss aber vorgängig geübt werden und die Schülerinnen sollen mit der Problematik des Plagiierens bekannt gemacht werden.

Wir zielen dabei auf die Erarbeitung konkreter Prüfungsformate und -Aufgaben, bei denen:

➢ die Eigenleistung der Maturandinnen und der Maturanden klar ersichtlich ist;

➢ der kompetente und kritische Umgang mit im Vorfeld definierten Tools unter Beweis gestellt wird;

➢ die Fähigkeit, in Ko-Konstruktion mit den Algorithmen, authentische, zielgruppenadäquate, situationsgerechte Texte und zielführende Texte zu gestalten geprüft wird.

 

Didaktisch-methodisches Konzept

Grammatikübungen oder Übersetzungen als wesentlicher Bestandteil von Maturaprüfungen sind nicht mehr zeitgemäß, da sie die in Zukunft erforderliche kommunikative Handlungskompetenz nicht erfassen: Wir wollen den kompetenten Umgang mit den digitalen Werkzeugen, die unseren Lernenden zur Verfügung stehen, ebenso prüfen wie die individuelle und autonome Fremdsprachenkompetenz. Da diese Werkzeuge bereits im Unterricht eingesetzt werden, sollen sie auch punktuell in Prüfungen eingesetzt werden können. So wurde an der KUE bereits 2022 ein Teil der Maturitätsprüfung in den Fremdsprachen als Open-Notebook-Prüfung konzipiert und durchgeführt.

Aus den Rückmeldungen und Empfehlungen der Fachkreise nach der Durchführung der ersten Open-Notebook-Matura an der KUE wurde deutlich, dass eine weitere Vertiefung, Präzisierung und Diversifizierung bei der Entwicklung weiterer geeigneter Aufgabenstellungen für Open-Notebook-Prüfungen sowie bei der Definition von Bewertungskriterien und Bewertungsrastern für die Schülerprodukte notwendig ist. Gerade weil alle digitalen Werkzeuge einbezogen werden können, müssen die Aufgabenstellungen klar und eindeutig formuliert sein. Die geeignetsten Kriterien, um den kompetenten, reflektierten und kritischen Umgang mit Übersetzungswerkzeugen zu bewerten, waren bisher die Kriterien der Adäquatheit und Authentizität. Die bestehenden Raster sollten jedoch je nach Aufgabenstellung weiterentwickelt und frühzeitig genug in den Maturaklassen eingeführt werden, um einen reflektierten und kompetenten Umgang mit den Werkzeugen zu trainieren. Aufgaben für die Maturaprüfungen sowie für die notwendige Vorbereitung im Unterricht werden mit dem jeweiligen Raster gesammelt und auf einer frei zugänglichen Website veröffentlicht.

Wirkung

Das Projekt zielt darauf ab, ein schulübergreifendes Netzwerk mit anderen Fremdsprachenexperten aufzubauen, um gemeinsam an der Weiterentwicklung der Maturaprüfungen zu arbeiten. Der Hauptnutzen des Projekts liegt daher einerseits im Aufbau von Fachexpertise im Bereich “Open-Notebook-Leistungsnachweise” unter Fremdsprachenlehrkräften über die Schulgrenzen hinaus und andererseits in der Erstellung einer frei zugänglichen Sammlung von Prüfungsaufgaben für Open-Notebook-Maturaprüfungen, in der sowohl solche Prüfungsaufgaben als auch Empfehlungen für die notwendige Vorbereitungsarbeit mit den Klassen gesammelt werden.

 

SAMR-Modell

Erläuterung zum SAMR-Modell.

In Bezug auf das SAMR-Modell ist eine Neugestaltung der Maturitätsprüfung, die die Kompetenz- und Handlungsorientierung in den Vordergrund stellt und gleichzeitig den Einsatz verschiedener digitaler Werkzeuge (wie z.B. maschinelle Übersetzungstools und Textgeneratoren) ermöglicht, im Bereich der Redefinition/Neudefinition anzusiedeln. Unter diesen Voraussetzungen und Bedingungen werden neue, bisher undenkbare Aufgaben möglich, die auch neue Kompetenzen erfordern.

So rücken z. B. komplexe kognitive Prozesse beim Pre- und Post-Editing eines maschinell übersetzten Textes in den Vordergrund, die sowohl solide selbstständige sprachliche Kompetenzen als auch “Machine Translation Literacy” voraussetzen.

 

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