HistoSwiss
- Projektleitung: Philipp Schaufelberger, Patrick Hersperger, Christian Bordin und David Brändli
- Institution: Gymnasium Freudenberg
- Kontakt: philipp.schaufelberger@kfr.ch
Für einmal sollte die historisch relevante Frage nach Bruch und Kontinuität nicht in der grossen Weltgeschichte Anwendung finden, sondern in der Realität vor unserer Haustür: Was hat sich im Quartier in den letzten Jahrzehnten verändert? Welche Gebäude blieben erhalten, welche stehen sogar unter Schutz und welche wiederum sind weshalb verschwunden?
Beschreibung
Die Ausgangsthese ist: Geschützte Objekte stehen für eine gewisse Kontinuität, ansonsten verändern sich Ortsbilder und Landschaften rasant. Um die These zu prüfen und darauf aufbauend weitere Fragestellungen zu entwickeln und umzusetzen, wurde im Bereich der Kontinuität eine umfassende Liste mit unterschiedlichen Kategorien von Schutzobjekten erstellt. Arbeiten nun Schüler:innen oder dereinst auch Gruppen an solchen Objekten (z. B. an einem denkmalgeschützten Haus, Baujahr 1753) und erfassen diese dokumentarisch, entdecken sie in Fortbestand und ggf. Funktionswandel der Bausubstanz Kontinuität und gleichsam gelebte Geschichte.
Um andererseits Bruch und Veränderung in Landschaft und Ortsbild zu verfolgen, werden in einem Blog (HistoPics) laufend historische Postkarten, Lithografien usw. erfasst. Suchen nun Schüler:innen beispielsweise in ihrer Wohngemeinde nach exakt diesen Örtlichkeiten, um sie fotografisch zu dokumentieren, zeigt sich im Vergleich, inwiefern sich unser Umfeld verändert hat. Der bisher schmalspurig geführte Testbetrieb lässt erahnen, dass sich für die Umsetzung des Projekts eine enorme Vielfalt von Anwendungsoptionen anbietet.
Abbildung 1
Das Innovationspotenzial dieses Projekts liegt zunächst in der dazu bereitgestellten Basis, welche Orientierung in Raum und Zeit ermöglicht. Zunächst wurde eine umfassende Liste mit Schutzobjekten aus verschiedenen Bereichen erstellt (vgl. Abb. 1) und deren Geo-Koordinaten (LV95 oder LV03) so umgerechnet, dass diese gesamtheitlich auf einer Landkarte mit WGS84 Koordinaten dargestellt werden können. Liste und Karte mit einheitlicher Erfassung so vieler Schutzobjekten sind ein Novum und bilden eine verlässliche Projektgrundlage.
Dass die Kantonsschule Freudenberg (KFR) deren geografischen Mittel- und Nullpunkt bildet (vgl. Abb. 2), um den herum sich konzentrisch die POIs befinden, ist ein weiterer origineller Aspekt und verleiht dem Projekt eine ganz präzise Perspektive: Es sind Schüler:innen eines Zürcher Gymnasiums der 2020er-Jahre, welche dieses Projekt prägen. Sie sehen und erfassen Gebäude und deren Geschichte aus ihrer eigenen Sicht.
Abbildung 2: Konzentrische Kreise von POIs um die KFR
Lehrer:innen und/oder Schüler:innen können weitgehend selbst wählen, welche historisch-geografischen Ausflüge ihnen am adäquatesten und interessantesten erscheinen. In allen Varianten wird Geschichte nicht als etwas Vergangenes oder Distanziertes wahrgenommen, sondern im Spannungsfeld zwischen Bauwerken, Bildquellen und Entdeckenden aktiv erlebt.
Solche Entdeckungen und Begegnungen sind im Quartier, im Alltag oder an Ferien- oder Projektwochendestinationen möglich.
Werden die dabei entstandenen Bilder veröffentlicht, schreiben Schüler:innen der KFR damit in einem gewissen Sinn auch Geschichte. Diese Perspektive garantiert, dass ihre Publikation im HistoSwiss-Blog und ggf. anderen Kanälen wie beispielsweise Wikimedia ihrerseits historisch interessant sind.
Interagieren auf dieser Basis ganze Gruppen von Schülerinnen und Schülern oder sogar Schulen untereinander, entsteht nicht nur ein immer dichteres Mosaik von historisch relevanten Fotografien und Informationen, sondern eröffnen sich auch auf einer eigens erarbeiteten Materialbasis unzählige Varianten des Austauschs bis hin zur gemeinsamen Diskussion über Bedeutung von Kontinuität und Bruch, Schutz und Innovation, Vergangenheit und Zukunftsgestaltung.
Aktuell setzt sich das Projekt aus drei Bereichen zusammen:
1. Quellenbereich
Der Quellenbereich setzt sich aus folgenden Kategorien zusammen:
A) HistoPics
Auf der für das Projekt erstellten Website HistoPics werden alte Orts- und Landschaftsbilder erfasst und zwecks Vergleichs zur Verfügung gestellt:
- Einen Überblick über diese Objekte vermitteln Landkarte und Tabelle, welche regelmässig aktualisiert werden.
- Seit 2025 ist es für alle Teilnehmenden möglich, für das Projekt eigene Quellen zu erfassen (vgl. Link).
B) Schutzobjekte
Die HistoSwiss-Datenbank enthält Schutzobjekte aus 4 Kategorien:
- Kulturgüterschutzinventar (KGS)
- Denkmalpflege des Kantons Zürich
- Inventar schützenswerter Ortsbilder (ISOS)
- Schweizerisches Steindenkmäler Inventar (SSDI)
Einen Überblick über die Schutzobjekte geben Website, Karte und Tabelle.
C) HistoSwissPeaks
Seit Sommer 2024 besteht die Möglichkeit, für das Projekt auch Panoramabilder einzureichen. Auf Landkarten und in einer Tabelle wurden zu diesem Zweck knapp 6000 Schweizer Gipfel über 800m.ü.M. erfasst.
2. Fachbereich
Auf HistoSwiss und in der entsprechenden Landkarte werden alle Fachbeiträge der Teilnehmer:innen publiziert.
Das Ziel dieser Beiträge besteht darin, dass die Schüler:innen Veränderungen und Merkmale erkennen, beschreiben und interpretieren.
Die Resultate in den einzelnen Kategorien können alphabetisch sortiert abgefragt werden:
- A) HistoPics
- B) Schutzobjekte
- C) HistoSwissPeaks
Der Vergleich der Fotografien ermöglicht Vertiefungsoptionen wie beispielsweise die Fragen:
- Wie wichtig sind Landschafts- und Kulturgüterschutz?
- Wie nachhaltig erfolgt die Umgestaltung der Schweiz?
- Was bedeuten die erfassten Veränderungen für unsere Lebensqualität?
- Inwiefern zeigen sich in den Alpen Spuren des Klimawandels? …
Auf der Basis präziser Feldforschung finden solche Diskussionen nicht im luftleeren Raum statt. Der gemeinsame Blick zurück ermöglicht so gleichsam einen Blick nach vorne und auch die Frage nach einer optimalen städte- und raumplanerischen Zukunft.
3. Pädagogischer Bereich
In HistoSwissProject werden alle Aktivitäten gebündelt.
Hier findet sich
- für den Quellenbereich das Formular für die Eingabe eigener Histopics,
- für den Fachbereich das Formular zur Eingabe von Fachbeiträgen und
- für der pädagogischen Bereich Formulare zum Erstellen regionaler Karten und Trails für Gruppen und Klassen.
Das Ziel dieses Bereichs besteht in der Interaktion zwischen teilnehmenden Gruppen und Klassen. So können z. B. gegenseitig orts-, zeit- oder themenspezifische Trails erstellt werden. Solche Trails oder HistOLs können kooperativ oder kompetitiv bestritten werden.
Wichtig dabei ist eine möglichst zielführende Rollenverteilung innerhalb und ggf. auch zwischen den Gruppen. Je besser Skills aus den Fächern Informatik, Deutsch, Geschichte, Geografie und BG eingesetzt werden, desto spannender die Resultate.
Zürich im Mittelalter
- Projektleitung: Kerstin Peter, Kevin Heutschi und Manuel Benz
- Institution: Literargymnasium Rämibühl
- Kontakt: kerstin.peter@lgr.ch
Karten erzählen Geschichte. Ein Stadtplan veranschaulicht verschiedenste historische Fakten. Dank digitaler Technologie können die verschiedenen Schichten der Stadtgeschichte sichtbar gemacht werden.
Produkt Der Projektbericht kann hier heruntergeladen werden.
Beschreibung
Unser Projekt hat zwei Hauptziele: Einerseits ist es ein Datenbank-Projekt zur Erhebung und Untersuchung historischer Quellen und Informationen, andererseits geht es um die Visualisierung der gesammelten Daten.
Das Thema ist „Zürich im Mittelalter“, das bei uns am Langgymnasium in der 2. Klasse (8. Schuljahr) im Lehrplan steht. Die SuS recherchieren – vor Ort und in Bibliotheken, Archiven etc., analog und digital – Hintergründe zu Orten (Gebäude, Strassennamen, Plätze, Denkmäler, Brunnen etc.) und Menschen (an diesen Orten mit ihren Geschichten).
Die Daten – in unterschiedlicher Form: Bild, Text, Film etc. – sollen digital gesammelt und in einem digitalen/interaktiven Stadtplan dargestellt werden. Der Stadtplan wird wiederum zur Informationsquelle und Anregung für weitere Recherchen. Das Projekt wächst über mehrere Jahrgänge – und an verschiedenen Schulen und könnte später auf weitere Städte/Orte und/oder Epochen/Zeiträume ausgeweitet werden.
Die technische Umsetzung wird über das WebGIS ArcGIS Online der Firma Esri gemacht, ein browserbasiertes GIS (Geoinformationssystem), das den Schulen kostenlos zur Verfügung gestellt wird.
Lernziele: Die SuS...
- entwickeln selber Ideen, um ein grösseres Projekt (mit) zu gestalten,
- arbeiten selbständig im Team,
- erkennen Muster von Stadtentwicklungsprozessen,
- erwerben räumliches Vorstellungsvermögen,
- erkennen und reflektieren den zeitlichen Wandel architektonischer Formen und Präferenzen in verschiedenen Gesellschaften und Epochen,
- erleben und reflektieren, wie Geschichte ihr physisches Umfeld prägt,
- erfahren ihre Stadt (zunächst einmal: Zürich) aus historischer Perspektive,
- nehmen ihre Stadt als historisch gewachsenen, vielschichtigen und wandelbaren und Raum wahr, lernen und üben den kritischen Umgang mit Quellen, Daten und digitalen Methoden,
- erwerben Schreibkompetenz, indem sie kurze und informative Sachtexte verfassen,
- suchen, recherchieren und verarbeiten Quellen und präsentieren ihre Befunde in Form von Texten, Bildern, Film- und Audio-Aufnahmen,
- können GIS als ein Tool für die Erfassung, Verarbeitung, Analyse und Präsentation von räumlichen Daten verwenden.
Didaktisch-methodisches Konzept
Das Projekt zielt ins Zentrum des TPACK-Modells:
Technologie: Bei ihrer Recherche arbeiten die SuS – auch – mit digitalen Medien: Recherche und Herstellung von Produkten mit ihren digitalen Geräten (im Rahmen des BYOD-Unterrichts). Durch die Einspeisung der Daten ins GIS erhalten sie Einblicke in Aufbau und Anwendung eines Datenbank-Projekts.
Pädagogik: Projektarbeit mit ganz unterschiedlichen Recherche- und Präsentationsformen (Recherche: vor Ort, in Bibliotheken, Archiven etc. – Präsentation: Text, Bild, Ton, Film…), in unterschiedlicher Komplexität und somit bereits für die Unterstufe (8. Schuljahr), aber auch für höhere Klassenstufen durchführbar. Die Klassen arbeiten während ca. 5 Wochen (10 Lektionen) im Rahmen des Geschichtsunterrichts in Kleingruppen an diesem Projekt. Die Lehrperson führt die Klassen in das Projekt ein, berät und begleitet die Gruppen bei den verschiedenen Schritten und sichtet und validiert die Ergebnisse. Diese werden in einer gemeinsamen Lektion ins GIS eingespiesen.
Fachwissen: Die SuS erwerben Lehrplan-relevantes Wissen zur mittelalterlichen Stadt allgemein und zum mittelalterlichen Zürich spezifisch. Die Arbeitsweise der Recherche vor Ort („grabe, wo du stehst“) ist auch methodisch zentral für die historische Forschung. Anhand von Inputs aussenstehender Fachpersonen werden die Klassen ins methodische Arbeiten eingeführt (z.B. Einführung in die Quellenarbeit durch eine/n Archivar/in; Stadtführung durch eine/n Historiker/in, Architekt/in oder Denkmalpfleger/in,...).
Wirkung
Es wird eine Wissens-Datenbank zu Zürich im Mittelalter erstellt. Dabei werden einerseits Daten erhoben bzw. eine Datenbank aufgebaut, andererseits kann die Datenbank für weitere Projekte genutzt, zur Kooperation geteilt und erweitert werden. Unter Umständen könnte sie auch einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
Es werden zudem mehrere propädeutische Kompetenzen gefördert:
- projektbasiertes Arbeiten
- wissenschaftliches Arbeiten und Anwenden von Forschungsmethoden (MEVAP: Modellieren, Erfassen, Verarbeiten, Analysieren, Präsentieren)
- Überfachlichkeit und Interdisziplinarität: Geschichte, Geografie, Architektur/Kunstgeschichte, Soziologie etc.
- durch die Verwendung der Software ArcGIS Online werden das räumliche Denken und Visualisierungsvermögen geschult.
SAMR-Modell
Erläuterung zum SAMR-Modell.
Das Projekt «Zürich im Mittelalter» lässt sich im SAMR-Modell in den Bereich «Redefinition» einteilen: Mit Hilfe von ArcGIS und der Datenbank lässt sich ein über die Klasse hinausgehendes, stufen- und schulhaus-übergreifendes Datenbankprojekt realisieren, wo es ohne Technikeinsatz so nicht denkbar wäre.