Arbeiten mit digitalen Kompetenzrastern
- Projektleitung: Cornelia Schenk-Seiler und Renate Dieterle
- Institution: Berufsschule Mode und Gestaltung Zürich
- Kontakt: cornelia.schenk@edu.bsmg.ch
Das digital verlinkte Kompetenzraster - Ein Weg zur Optimierung des Übergangs EBA / EFZ bei angehenden Coiffeusen/Coiffeuren
Beschreibung
An der Berufsschule Mode und Gestaltung werden die Grundbildungen Coiffeuse/Coiffeur EFZ und Coiffeuse/Coiffeur EBA unterrichtet. Coiffeusen/Coiffeure EBA mit einem erfolgreichen Qualifikationsverfahren können in das zweite Ausbildungsjahr EFZ übertreten. Entschliessen sich Lernende für diese Anschlusslösung, fehlen ihnen etliche Leistungsziele, welche EFZ-Lernende im 1. Lehrjahr im Unterricht bereits behandelt haben. Der Schullehrplan EBA enthält weder Vorgaben noch Zeitfenster für die Aufarbeitung der fehlenden Leistungsziele.
Das vorliegende Projekt hat zum Ziel, die Lernenden bei der freiwilligen und selbständigen Aufarbeitung der Leistungsziele zu unterstützen. Um die Lücken zu schliessen, werden die fehlenden Lerninhalte den Lernenden als Selbstlernmaterial digital und EBA-gerecht in einem strukturierten und übersichtlichen OneNote zur Verfügung gestellt. Die Lerninhalte sind in einem Kompetenzraster eingebettet und werden den Lernenden in drei Niveaustufen angeboten.
Die Einführung und die Handhabung des digitalen Kompetenzrasters sowie die Unterstützung zum selbstgesteuerten Lernen erfolgen zusätzlich durch wöchentliche Workshops. Dabei nimmt die Workshop-Lehrperson die Rolle eines Coaches ein und begleitet die Lernenden in ihrem individuellen Lernprozess.
Innovationspotential
Das Innovationspotenzial des Projekts beinhaltet verschiedene Aspekte:
• EBA-Lernende mit EFZ-Anschlusslösung erhalten die Möglichkeit, fehlende Lerninhalte aus dem 1. Ausbildungsjahr selbstgesteuert mit digitalem Lernmaterial aufzuarbeiten. Das Aufarbeiten dieses Lernstoffes ist unabdingbar für einen erfolgreichen Lehrabschluss EFZ und trägt deutlich zur Gewährleistung der Chancengleichheit bei.
• Das digitale Lerntool und das Coaching im Workshop lösen schrittweise die enge Begleitung durch die Lehrperson ab, die die Lernenden aus der zweijährigen Grundbildung kennen, bis die Lernenden fähig sind, die Wissenslücken selbständig und selbstgesteuert zu schliessen.
• Das selbstgesteuerte Lernen wird gefördert durch das Arbeiten mit einem neu konzipierten Kompetenzraster. In diesem werden die Lerninhalte auf drei Niveaustufen angeboten. Die Lernenden wählen zwischen den Niveaustufen Level Basic, Level Extended, Level Expert aus. Nach dem erfolgreichen Erarbeiten eines Levels können sich die Lernenden entscheiden, auf eine höhere Niveaustufe zu wechseln und ihr Wissen zu vertiefen und zu erweitern.
Somit erarbeiten sich die Lernenden nicht nur die fehlenden Lerninhalte, sondern sie bauen mit dem neuen Tool zugleich ihre Fähigkeiten zum digitalen und selbstgesteuerten Lernen aus. Sie eignen sich insbesondere eine selbständigere Arbeitsweise an, wie sie in der dreijährigen Lehre gefordert wird.
In der vorliegenden Projektskizze wird bezugnehmend auf den Übergang EBA - EFZ Berufskunde Coiffeusen/ Coiffeure ein neu konzipiertes Kompetenzraster mit verlinktem Arbeitsmaterial vorgestellt. Die Problematik, dass EBA-Lernenden, die weiterführend EFZ besuchen wollen, berufskundliche Lerninhalte fehlen, wird je nach Lehrplänen auch in anderen Berufsausbildungen anzutreffen sein.
Zudem zeigt ein Blick in die ABU-Lehrpläne unserer Schule, dass auch im Allgemeinbildenden Unterricht Lerninhalte nachgearbeitet werden müssten. Das Projekt hat daher das Potential, dass es für verschiedene Berufsschulen und sowohl für Berufskunde als auch für Allgemeinbildenden Unterricht von Interesse sein dürfte.
Didaktisch-methodisches Konzept
Allgemeine Beschreibung des neukonzipierten Kompetenzrasters
Das Kompetenzraster enthält in Titel und Spalten Informationen zu:
• Leistungsziel (1)
• Lerninhalte und Qualitätsmerkmale einzelner Lernbereich (2)
• Die Lerninhalte werden in drei Niveaustufen angeboten (3)
• Konkretisierte Lerninhalte mit Links zu Arbeitsmaterialien (4)
Die klare Vorstrukturierung und Einbettung jedes einzelnen Leistungsziels in ein Kompetenzraster gewährt den Lernenden eine gute Übersicht, gute Verknüpfungsmöglichkeiten und eine individuell sinnvolle und sichere Lernorganisation. Die Darstellung der Lerninhalte in einem übersichtlichen und einheitlichen Layout kommt dem Bedürfnis von EBA-Lernenden entgegen, denen das «Gewohnte» Sicherheit gibt.
Das Kompetenzraster dient den Lernenden als Orientierungshilfe und macht ihnen bewusst, welche Lerninhalte sie gerade bearbeiten. Zusätzlich ermöglicht die Lokalisierung der Lernschritte das Erkennen des eigenen Lernfortschritts. Dies motiviert die Lernenden zum Weiterlernen.
Die Leistungsziele und die Qualitätsmerkmale einzelner Lernbereiche sind in Kurzformulierungen verfasst. Dies unterstützt ehemalige EBA-Lernende im Lernprozess und trägt zur Lesefreundlichkeit bei. Die Differenzierung in drei Niveaustufen (Level Basic, Level Extended, Level Expert) wird den individuellen Kompetenzen der Lernenden gerecht und vermeidet (demotivierende) Überforderung. Der gleichen Zielsetzung dient, dass eingebaute Zwischenlernziele die schrittweise Aneignung der Lerninhalte gewährleistet und sicherstellt, dass Wissen lückenlos aufgebaut wird.
Konkretisiertes Beispiel eines Kompetenzrasters
Die nachfolgende Abbildung zeigt musterhaft das Kompetenzraster mit Lerninhalten, Niveaustufen und Links zu Arbeitsmaterialien zum Leistungsziel 9.2.4 der Berufskunde Coiffeuse/ Coiffeur. Auf einzelne, nummerierte Positionen wird unterhalb der Grafik erläuternd Bezug genommen.
1 Leistungsziel
2 Spalte Lerninhalte
3 Die Lerninhalte werden in drei Niveaustufen angeboten
In der Horizontalen des Kompetenzrasters ist der Lernstand in den drei Kompetenzniveaus Level Basic, Level Extended, Level Expert dargestellt. Dies ermöglicht es den Lernenden zu wählen, welches Leistungsniveau sie anstreben und bearbeiten wollen. Dadurch wird die Kompetenzentwicklung für die Lernenden visualisiert und sie können ihre Lernanstrengungen dem angestrebten Niveau anpassen. Davon profitieren besonders leistungsschwächere Lernende, die oft überfordert sind. Positive Erfolge wirken motivierend fürs Lernen. Zudem können Lernende in ihrem gewählten Arbeitstempo arbeiten und somit ihren Lernprozess selbst steuern. Sie entscheiden selber, wann sie auf eine höhere Schwierigkeitsstufe wechseln.
4 Konkretisierte Lerninhalte (Kurzformulierungen)
5 Link (->Weiter)
Mit Anklicken von «Weiter» gelangen die Lernenden zu den Arbeitsaufträgen, welche mit eingebauten Zwischenlernzielen (a) die Aneignung der Lerninhalte unterstützen sollen. Alle Arbeitsaufträge umfassen Theorie und Übungen. Sie sind lernendengerecht formuliert und mit einer einheitlichen Farbe sind Arbeitsaufträge (b), Lesetexte (c) wie auch die Antwortbereiche (d) hervorgehoben.
Bei den Arbeitsaufträgen können abwechslungsreiche digitale Medien (e) integriert werden wie z.B. Links, QR-Codes, Hypertexte, Lernvideos usw. Die Wahlfreiheit knüpft an das Interesse und an die Fähigkeiten der Lernenden an. Dadurch werden individuell passende Lernwege bereitgestellt.
Gleichzeitig wird der Umgang mit digitalen Medien gefördert. QR-Codes, welche mit dem Handy zum Einsatz kommen, ermöglichen den Lernenden unkompliziert Lerninhalte abzurufen und ins OneNote zu integrieren. Dies ist ein Vorteil, da die Lernenden nicht ständig die Bildschirmoberfläche wechseln müssen. Diese Vorgehensweise vermeidet Konzentrationsunterbrüche.
Aufgabenkästchen
Die Arbeitsaufträge sind zusätzlich mit Aufgabenkästchen (f) versehen. Die Lernenden erhalten so die Möglichkeit bereits erarbeitete Aufträge im Aufgabenkästchen als erledigt zu markieren. Dies dient als Orientierungshilfe. Die Selbstbeobachtung der Lernenden wird gefördert und sie übernehmen mehr Eigenverantwortung für ihr Lernen.
Nur wer lernt, neues Wissen eigenständig zu erarbeiten, kann im Berufsleben angemessen und rasch auf überraschende und fremde Situationen, wie auch auf technische Fortschritte adäquat reagieren.
Lernende, welche jeweils ein Leistungsziel gelöst haben, melden sich online bei der Workshop-Lehrperson. Diese stellt dann die Lösungen auf OneNote zur Verfügung. Die Lernenden korrigieren ihren angeeigneten Lernstoff anhand der Lösungen. Somit können sie bei den Korrekturen den Lernstoff nochmals überarbeiten und festigen.
Damit die Workshop-Lehrperson für dieses Vorgehen die Übersicht behält, müssen die Lernenden die bereits erarbeiteten Leistungsziele in einer Übersichtstabelle festhalten. Diese steht den Lernenden ebenfalls auf OneNote zur Verfügung. So haben die Lernenden wie auch die Lehrperson Übersicht, welche Arbeitsaufträge erledigt sind. Wenn die Lehrperson den Stand als ausreichend erachtet, gibt sie die Lösungen ab. In Selbstkorrektur erkennen die Lernenden, wie gut sie die Aufgaben gelöst haben und was sie eventuell nochmals überarbeiten müssen.
Plan Your Learning
- Projektleitung: Marcia Mauchle, Zamfina Rexhaj, Julia Weber und Martin Rüegg
- Institution: Bildungszentrum Limmattal
- Kontakt: martin.rueegg@bzlt.ch
Mehr Übersicht, Struktur und Orientierung über den Lernstand und den Lernprozess erhalten, darum geht es im vorliegenden Innovationsfondsprojekt.
Beschreibung
In unserem Learning Management System (LMS) erarbeiten die Lernenden die Lerninhalte in sogenannten “Missions”. Jede Mission deckt ein Kapitel ab, im Allgemeinbildenden Unterricht etwa “Altersvorsorge”, “Mitbestimmung im Staat” oder “Wohnen und Zusammenleben”. Jede Mission besteht wiederum aus verschiedenen Pfadpunkten, die einzeln oder in Partnerarbeit bearbeitet werden. Die Pfadpunkte beinhalten in der Regel einen Auftrag: Ein Mindmap, eine Zusammenfassung, eine Skizze, einen Text in einer bestimmten Textsorte, eine Übung (Lückentext, Zuordnungsauftrag), eine Präsentation oder einen Link auf ein Arbeitsblatt oder eine Webseite (z.B. LearningApps).
Die Lernenden bearbeiten diese Pfadpunkte selbständig und eigenverantwortlich.
Für uns Lehrpersonen ist es nicht ganz einfach, die Übersicht darüber zu behalten, welche*r Lernende wo steht. Wir müssen diese Informationen zeitraubend zusammensuchen im LMS, um sie mit den Lernenden zu besprechen. Auch ist es aufwändig festzustellen, wie gut die Aufträge gelöst werden konnten. So ist es schwierig, einzelne Lernende gezielt zu coachen und Fehlkonzepte zu entdecken. Es ist aber auch immer wieder so, dass gute Arbeiten zu wenig gewürdigt werden.
Eine zusätzliche Herausforderung stellen KI-Sprachmodelle dar, die Lernenden erlauben, Texte zu verfassen. Damit unsere offenen und projektartigen Kompetenznachweise glaubwürdig durchführbar sind, braucht es bspw. mehr mündliche Überprüfungen.
Bei einer Lehrpersonenfortbildungsveranstaltung haben wir eine Methode und ein Tool (IKARIS) kennengelernt, welches selbstverantwortetes Lernen begleitet/unterstützt und mündliche Überprüfungen der erworbenen Kompetenzen ermöglicht. Das Instrument möchten wir für unsere Schule adaptieren und weiterentwickeln. Wir nennen das Projekt “Plan your Learning”. Beibehalten wollen wir, dass die Lernenden die Missions selbständig bearbeiten. Wir wollen ihnen aber dabei helfen, dies zu organisieren und den Überblick zu behalten.
Dazu wollen wir ein Tool zur Verfügung stellen, welches ausgewählte Aufträge eines Semesters abbildet.
Die Innovation ist, …
… dass wir weiterhin einen offenen, projektartigen Unterricht praktizieren können und die Lernenden KI-Anwendungen verwenden dürfen. … dass wir auf geschlossene, schriftliche Prüfungen weitgehend verzichten können und trotzdem den Kompetenzerwerb nachverfolgen und beurteilen können.
… dass die Lernenden und die Lehrenden mehr Übersicht, Struktur und Orientierung über den Lernstand und den Lernprozess erhalten. … dass die Verantwortung für das selbstgesteuerte Lernen auf genuine Art und Weise auf die Lernenden übergeht und diese ihr Lernen planen können und
… dass die Lehrperson eine wirksame Lernbegleitung bieten kann.
Die Innovation von IKARIS hat uns überzeugt: Im Lauf eines Semesters bearbeiten die Lernenden die Pfadpunkte mehrerer Missions. Wenn sie einen Auftrag abgeschlossen haben, wird dieser von der LP “abgenommen”: Sie lässt einen Inhalt präsentieren, korrigiert einen Text, lässt sich eine Berechnung zeigen oder eine grafische Darstellung erklären. Anschliessend markiert die Lehrperson den Auftrag als abgeschlossen, sofern der Inhalt den Anforderungen entspricht.
Am Ende des Semesters ergeben die bearbeiteten Pfadpunkte schliesslich zusammen zwei Noten für den allgemeinbildenden Unterricht. So werten wir die Arbeit der Lernenden auf und geben strukturiertes Feedback. Durch die Übersicht kann die LP ausserdem schnell reagieren, wenn ein*e Lernende Hilfe braucht. Nachfolgende Abbildung zeigt eine IKARIS aus dem Physik Unterricht. Wir möchten das System auf den ABU-Unterricht und den Unterricht an unserer BFS adaptieren.
Aufbauend auf dieser Vorarbeit möchten wir mit ”Plan Your Learning” an unserer Schule einen weiteren Schritt im selbstverantwortlichen Lernen im digitalen Zeitalter machen. Wir erarbeiten schrittweise Aufträge zu unseren Lerninhalten, gewichten diese und entwickeln Bewertungskriterien, die für unsere Schule sinnvoll sind. Dabei haben wir die Handlungskompetenzorientierung im Blick: Lernziele wie die Anwendung von Wissen auf einen Sachverhalt müssen angemessen abgebildet sein.
Didaktisch-methodisches Konzept
Plan Your Learning wird im Unterrichtsalltag als Organisationstool und Hilfsmittel eingesetzt. Die Lernenden werden in ihrer Selbstorganisation und in ihrer Selbsteinschätzung gefördert. Sie erhalten ein Scaffold in Form einer Übersicht über ein Semester. Sie entscheiden innerhalb dieser Struktur, wann sie welchen Auftrag bearbeiten. Sie entscheiden, wann Sie einen Auftrag so erledigt haben, dass sie ihn der Lehrperson zeigen können.
Den theoretischen Input zu den Lerninhalten bietet die Lehrperson in Form von Workshops gemäss dem Konzept unserer Schule. Ausserdem besteht die Möglichkeit, in Plan Your Learning Ressourcen und Informationen zu verknüpfen. Dies ermöglicht eine individuelle Repetition und Ergänzung der Workshop-Inhalte.
In Plan Your Learning ist eine grosse Methodenvielfalt möglich. Als Aufträge werden unterschiedliche Produkte gefordert (Plakate, Lösungen von Beispielaufgaben, Zusammenfassungen, Vorträge, Diskussionen, Vergleiche, grafische Darstellungen, Lernfilme, Mind Maps, Begriffsdefinitionen...). So können verschiedene K-Stufen abgedeckt und unterschiedliche Lerntypen berücksichtigt werden. In Einzelgesprächen schaut die LP mit den Lernenden, wo sie stehen, welche Arbeiten noch offen sind, und wo es allenfalls Schwierigkeiten gibt.
Bei der Kontrolle und Abnahme der einzelnen Punkte entstehen unterschiedliche Lerngelegenheiten. Das Feedback der Lehrperson kann schriftlich oder mündlich sein. Es können auch Punkte für die Überarbeitung eines Auftrags vergeben werden. Es ist aber auch denkbar, dass die Lernenden einander etwas erklären, oder vor der Klasse präsentieren.
Wirkung
Die Lernenden werden in Ihrer Selbst- und Methodenkompetenz gefördert.
Das Übersichtstool ist nicht abhängig von bestimmten Lehrmitteln oder Lerninhalten. Die einzelnen Punkte können jederzeit angepasst werden. Somit wäre der Einsatz auch in anderen Schulen denkbar. Vorgeschlagene Lernprodukte und Punkteverteilungen könnten je nach Schule /Fach übernommen werden.
Im SAMR-Modell kann das Projekt im Bereich "Augmentation" eingeteilt werden, da es das bisherige LMS sinnvoll erweitert und den (Selbst-)Lernprozess unterstützt.